Am 8. Mai 2024 jährt sich der Geburtstag Marcus Pflügers zum 200. Mal. Aus diesem Anlass zeigt das Dreiländermuseum Lörrach bis zum 29. September eine Kabinettausstellung. In ihr sind 50 Objekte zu Pflügers Leben, Familie und Netzwerk präsentiert, darunter zahlreiche Schenkungen und Leihgaben der Hermann-Pflüger-Stiftung in Freiburg.
Die Ausstellung befindet sich im zweiten Stock des Museums. Sie ist barrierefrei über einen Fahrstuhl erreichbar.
Infos/Links zur Ausstellung:
⇒ Badische Zeitung
⇒ Dreiländermuseum
⇒ Regiotrends
Kennen Sie Marcus Pflüger aus Lörrach? Am 8. Mai 1824 wurde er in der Turmstraße 1 geboren. Er ist eine der bedeutendsten Persönlichkeiten der Lörracher Geschichte. Stadt, Landkreis und das Dreiland haben ihm viel zu verdanken, zum Beispiel die Wiesentalbahn. Eine Straße in Lörrach ist nach ihm benannt und ein Preis für herausragendes gesellschaftliches Engagement. Und ein Heim für seelisch Kranke in Schopfheim-Wiechs, das er mitgründete. Als Marcus Pflüger am 5. September 1907 starb, kamen Politiker aus ganz Baden zu seinem Begräbnis. Eine hoffnungsvolle Epoche ging mit ihm zu Ende. Militarismus und übersteigerter Nationalismus, gegen die er als freisinniger Abgeordneter angekämpft hatte, setzen sich durch.
Leider ist Pflüger in Vergessenheit geraten wie die Revolution 1848/49, an der er beteiligt war. Das liegt vor allem an der Zeit der Hitler-Diktatur. Die Nationalsozialisten zerstörten ab 1933 die Demokratie und bestraften jede Erinnerung an sie. Daher verbarg Emil, der jüngste Sohn Marcus Pflügers, ein Revolutionsbild von Friedrich Kaiser vor der Öffentlichkeit und vererbte es der liberalen Lörracher Familie Vortisch. So konnte es in demokratische Zeiten gerettet werden und ist heute im Museum ausgestellt. Marcus Pflüger hatte das Gemälde für die erste Revolutionsausstellung 1898 in Lörrach erworben. Er bewahrte und sammelte Objekte zur Revolution wie die hier ausgestellte Trommel der Bürgerwehr und die Freischärlerfahne. Auch seinen jungen Nachbarn Ernst Wilhelm Schultz, Sammler und Museumsgründer, förderte er.
Dieser Raum erinnert an die Erfolgsgeschichte der Demokratie im 19. Jahrhundert. Trotz gescheiterter Revolution setzten sich Menschen weiterhin für Gleichheit, Freiheit und Wohlstand aller ein. Zu ihnen gehörte der Gastwirt, Posthalter und Großgrundbesitzer Marcus Pflüger. Entscheidend trieb er die Infrastruktur Lörrachs voran, was das Leben der Bewohner wesentlich verbesserte.
Pflüger ist ein Beispiel für das soziale Engagement des linksliberalen Bürgertums, das auf eine Republik hinarbeitete. Als erster Lörracher wurde er in den Reichstag gewählt. Zugleich war er viele Jahre Abgeordneter im badischen Landtag. Fast alle seiner vielfältigen Aufgaben in Gremien und Ausschüssen auf Kommunal-, Landes- und Reichsebene führte er ehrenamtlich aus. Mit anderen Politikern förderte Marcus Pflüger ab 1871 durch Vorlesungen und Vorträge in Karlsruhe die Weiterbildung von Frauen und unterstützte damit deren berufliches Fortkommen und Emanzipation. Jedoch wäre seine politische Karriere ohne die Unterstützung seiner Mutter und seiner Ehefrau in Lörrach nicht möglich gewesen. Während seiner Abwesenheit kümmerten sie sich um das große Gasthaus, die ausgedehnten Ländereien, Weinberge und das Personal.
Das Dreiländermuseum hat in seiner Sammlung über 700 Objekte, die im Zusammenhang mit der Familie Pflüger stehen. Ein großer Teil davon kam als Schenkung durch Pflügers Sohn Emil in den 1920/30er-Jahren in die Sammlung und 1963 durch seinen Enkel Hermann Pflüger. Weitere Objekte fanden sich ab 2015 in dessen Nachlass in Freiburg/Br. Sie gingen als Schenkung oder Leihgabe der Hermann-Pflüger-Stiftung an das Museum und sind hier in einer kleinen Auswahl zum ersten Mal ausgestellt. Sie zeigen Marcus Pflügers bewegtes Leben, seine Familie, seinen politischen Aufstieg und sein grenzüberschreitendes Netzwerk. Auch das Museumsgebäude ist ein Teil der Ausstellung. In ihm befand sich früher das Pädagogium (später Hebel-Gymnasium), das zu den besten Schulen Badens zählte. Hier wurde auch Marcus Pflüger unterrichtet. [Info-Tafel zur Ausstellung, (c) Carola Hoécker]
Die Ausstellung wurde von Aurea Hardt gestaltet und von mir kuratiert.