Auf der anonymen Karikatur sind zwei feindlich gegenüberstehende Lager dargestellt, die Franzosen links und die Deutschen rechts des Rheins. Die Franzosen sitzen gelassen beim Essen an einem runden Tisch, einige prosten hinüber, andere beobachten die gegnerische Seite durchs Fernglas oder gehen vergnügt spazieren …
Dreiländermuseum, Inventarnr. GrGeXVI 0051 Hier gehts zum Bild, klicken
[Auszug Faustdatenbank]
Titel, Aufschrift
Höchst seltsame, jedoch wirklich wahrhafte Begebenheit so geschehen in den Jahren Christi 1840. 41/ unter Illustration; der freie deutsche Rhein/ in der Mitte (auf Rheinstrom)
Material
Papier
Technik, Bearbeitung
Kreidelithographie
Inhalt des Dokuments
Karikatur zur »Rheinfrage« um 1840/41
Objektbeschreibung
Die anonyme Karikatur zeigt zwei feindlich gegenüberstehende Lager, die Franzosen links und die Deutschen rechts des Rheins. Die Franzosen sitzen gelassen beim Essen an einem runden Tisch, einige prosten hinüber, andere beobachten die gegnerische Seite durchs Fernglas oder gehen vergnügt spazieren. Im Hintergrund ist eine Stadt mit sternförmig angelegter Befestigung zu erkennen, die die Franzosen eifrig ausbauen. Die Deutschen dagegen verteidigen „den freien deutschen Rhein“ (Aufschrift) mit Protestmusik und fahneschwingend. Ein Franzose auf der gegenüberliegenden Seite ruft ihnen provozierend „da capo“ zu. Über dem Rhein picken der gallische Hahn und der Preußenadler – symbolisch für den Konflikt zwischen Frankreich und Deutschland – aufeinander ein. Durch die Verse unter der Darstellung, ein karikierender Sprachsalat aus Deutsch und Französisch, erklären sich die Parteien näher:
(Links/ Franzosen:)
„Bleib‘ Sie, ick bitt‘, -– jenseit du Rhein,
Schrei‘ sick die Kehl nick‘ eiser,
Il n’est rien fait mit diese Schrei‘ n,
Denk Sie an unsre Kaiser. – –
Wenn er auck todt, elle vive sa Gloire,
Et nous sommes fors en sa memoire.“
(Rechts/ Deutsche:)
„Komm du nur her Mosjö Franzos,
Wir wollen dich empfangen,
Wir gehn mit Kolben auf dich los,
Wenn es dir sollt verlangen
Nach unserm schönen deutschen Rhein,
Denn einig sind wir, wenn wir schrei’n,
(Und wär’s nach tausend Melodein)
„Sie sollen ihn nicht haben
Bis dass wir drin begraben.“
Interessantes Detail am linken Rand auf der französischen Seite: Ein affenähnliches Wesen in Frauenkleidung hält eine Pappkiste mit der Aufschrift „Neue Moden für Deutschland“ in der Hand.
Bemerkungen
1840 forderte Frankreich die Wiederherstellung der „natürlichen“ Ostgrenze, wie sie vor den Verträgen vor 1815 bestanden hat. „Die dadurch heraufbeschworene ‚Rheinkrise‘ fand in den Künsten vielfältigen Widerhall. Besonders populär wurde Nikolaus Beckers Rheinlied, das erstmals am 18. September desselben Jahres veröffentlicht wurde und kurz darauf mehrfach vertont wurde. [Die Karikatur] geht auf diesen Konflikt ein. […] Diese satirische Darstellung muß sehr gefragt gewesen sein, da Nachbildungen von ihr existieren.“(1) Die Karikatur ist wohl eine der vielen Nachbildungen (oder Original?) der satirischen Darstellung auf das Rheinlied Beckers („Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein“, vgl. Aufschrift auf Fahnen).
(1) G. Lamm, Deutsche Karikaturen. Vom Mittelalter bis heute, Stuttgart/Weimar 1995, S. 160; auf S. 159 Abbildung der Karikatur, die aber nicht genau der vorliegenden entspricht. Auch der Text zur Illustration ist nicht der selbe, sondern nur inhaltlich verwandt (Frankreich: Singt nicht so laut zum Zeitvertreibe die Lunge euch aus deutschem Leibe…; Deutschland: Lärmt wie ihr wollt, ihr links am Rheine…). Vgl. Politische Karikaturen des Vormärz (1815-1848), Europäische Kulturtage 1984, Ausstellung und Katalog, hg. Badischer Kunstverein, Karlsruhe 1984, S. 53 (Abbildung der Karikatur, Kölnisches Stadtmuseum, Köln / KH 95a, s. Abb. 2). Ebd. S. 50: „Die akute kriegerische Bedrohung durch […] den Nachbarn [Frankreich], der erhebliche linksrheinische Gebiete deutscher Staaten für sich beanspruchte, hatte eine plötzliche, starke Zunahme des Nationalgefühls und des Strebens nach staatlicher Einheit der Deutschen zur Folge. Es entstanden nacheinander zahlreiche patriotische Lieder [u.a. Die Wacht am Rhein, 1841 Deutschlandlied von Hoffmann von Fallersleben gedichtet]. [Nikolaus] Beckers Rheinlied [„Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein“, 1840 erstmals in der Trierischen Zeitung abgedruckt] wurde über siebzig mal vertont“, auch von Robert Schumann.
Erwerb/Vorbesitz
(c) Carola Hoécker